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Der Unternehmenswert entspricht nicht dem finalen Kaufpreis. Wir erklären die Hintergründe und zeigen auf, wie der tatsächliche Auszahlungsbetrag aus dem Unternehmensverkauf optimiert werden kann.

Beim Unternehmensverkauf verhandeln Käufer und Verkäufer praktisch immer den sog. Enterprise Value (EV) – den Wert des operativen Geschäfts. Bezahlt wird jedoch der sog. Equity Value (Eigenkapitalwert), also der Betrag, der nach Abzug bzw. Hinzurechnung von Verschuldung, liquiden Mitteln und Abweichungen im Nettoumlaufvermögen tatsächlich an die Gesellschafter fließt.
Ein zentrales Stellrad dieser Anpassungen ist das Net Working Capital (kurzfristiges Nettoumlaufvermögen). Weicht es zum Closing-Zeitpunkt vom „normalen“ Niveau ab, mindert oder erhöht sich der Kaufpreis entsprechend.

Ziel dieses Beitrags ist es praxisnah und vereinfacht zu zeigen:

  • Welche Rolle die Equity Bridge als Rechenbrücke zwischen Enterprise Value und Equity Value spielt,
  • wie ein Working-Capital-Referenzwert (häufig als PEG bezeichnet) ermittelt wird, und
  • welche Hebel bereits 12–18 Monate vor dem Prozess greifen, um einen höheren Kaufpreis zu realisieren.

Was ist die Equity Bridge im M&A-Prozess?

Wenn Käufer und Verkäufer im Laufe einer Transaktion den Unternehmenswert verhandeln geht es in der Regel um den Enterprise Value (EV). Doch erst die später im M&A-Prozess im Detail berechnete Equity Bridge zeigt, was am Ende tatsächlich als Equity Value resultiert.

Equity Bridge explanation starting with enterprise value

In der Transaktionspraxis gibt es drei wesentliche Positionen, um den Equity Value zu bestimmen:

Finanzverbindlichkeiten (Net Debt)

Alles, was verzinst oder rückzahlbar ist: Bspw. Bankdarlehen, Leasing­verbindlichkeiten, Gesellschafter­darlehen. Jeder Euro Schulden verringert den Kaufpreis im selben Umfang.

Barmittel (Net Cash)

Kassenbestände und frei verfügbare Bankguthaben werden hinzugerechnet. Sie erhöhen den Kaufpreis eins-zu-eins – allerdings nur, wenn sie tatsächlich ungebunden sind. Vorhandene Einschränkungen, z.B. Aval- oder Factoring-Sperren können dazu führen, dass diese Beträge nicht dem Cash zugeordnet werden.

Fehlbetrag / Überschuss Nettoumlaufvermögen (Working Capital Anpassung)

Abweichung des Working Capitals vom zuvor festgelegten PEG-Wert.
Liegt das Nettoumlaufvermögen beim Closing unter dem PEG, reduziert sich der Preis.
Liegt es über dem PEG, steigt der Preis in gleicher Höhe.

Equity Bridge Erklärung

In der Praxis diskutieren Käufer und Verkäufer bei der Equity Bridge häufig über die Einordnung einzelner Positionen – insbesondere, ob diese als „Cash-like“ (Barmittel), „Debt-like“ (Finanzverbindlichkeit) oder als Bestandteil des Working Capitals behandelt werden. Während „Cash-like“ und „Debt-like“-Positionen den Kaufpreis in voller Höhe Eins-zu-Eins beeinflussen, wirken sich Working-Capital-Posten nur über ihre Abweichung vom PEG aus. Um hier keine Bewertungsnachteile zu riskieren, ist es entscheidend, die betroffenen Bilanzpositionen im Detail zu verstehen und entsprechende Argumentationen im Vorfeld vorzubereiten.

Was ist das (Net) Working Capital?

Unter dem (Net) Working Capital versteht man das kurzfristige Nettoumlaufvermögen, also vereinfacht Vorräte plus kurzfristige Forderungen abzüglich kurzfristiger Verbindlichkeiten.
In der Praxis vereinbaren die Parteien einen Working-Capital-Zielwert, der in vielen Term Sheets als PEG bezeichnet wird. Dieser dient als Referenzpunkt für die spätere Kaufpreisanpassung beim Unternehmensverkauf.

Der PEG-Wert wird in der Regel auf Basis eines historischen Durchschnitts ermittelt – typischerweise über einen Zeitraum von 6, 12 oder 24 Monaten vor dem Stichtag. Die genaue Länge des Betrachtungszeitraums hängt von der Stabilität des Geschäftsmodells und möglichen saisonalen Schwankungen der zugrunde liegenden Positionen ab. Ziel ist es, ein realistisches, operativ begründbares Niveau des Nettoumlaufvermögens abzubilden, das frei von Einmaleffekten oder atypischen Schwankungen ist.

Weicht das tatsächliche Working Capital am Stichtag vom PEG ab, greift eine Kaufpreisanpassung in gleicher Höhe. Ist das Nettoumlaufvermögen beispielsweise 300.000 € höher als vereinbart, wird der Kaufpreis entsprechend erhöht (siehe Grafik im Folgenden); liegt es darunter, verringert sich der Preis. Der Grundgedanke: Käufer sollen weder einen Liquiditätsvorteil noch einen -nachteil übernehmen, der nicht dem operativen Geschäft geschuldet ist.

Working Capital Entwicklung

Saisonale und branchenspezifische Schwankungen richtig einordnen

Bei der Ermittlung eines Working-Capital-PEGs reicht es in der Regel nicht aus, lediglich den Durchschnitt der letzten drei oder sechs Monate zu berechnen. In vielen Branchen unterliegt das Working Capital erheblichen saisonalen oder strukturellen Schwankungen, die ein solches Mittel verzerren würden – mit spürbaren Auswirkungen auf den Kaufpreis.

So ist es etwa im Handel üblich, dass zum Jahresende Lagerbestände stark aufgebaut werden, um das Weihnachtsgeschäft zu bedienen. Der Vorratsbestand und damit auch das Working Capital fallen in diesen Monaten deutlich höher aus als im restlichen Jahr – nicht, weil sich das Geschäftsmodell verändert, sondern weil der Geschäftszyklus es erfordert. Umgekehrt kann es bei projektorientierten Dienstleistungsunternehmen zum starken Aufbau von Forderungen gegen Jahresende kommen, wenn viele Leistungen abgerechnet, aber noch nicht bezahlt wurden. Auch bei SaaS-Geschäftsmodellen mit jährlicher Vorausfakturierung können einzelne Monate ein verzerrtes Bild liefern, wenn große Zahlungsströme punktuell verbucht werden.

Ein belastbarer PEG-Wert muss solche wiederkehrenden Ausschläge berücksichtigen und darf nicht auf einem untypischen Zeitraum basieren. Käufer werden genau prüfen, ob der vorgeschlagene Zielwert auch im saisonalen Kontext realistisch erscheint – insbesondere dann, wenn der wirtschaftliche Übergang in einem Monat mit extremen Ausschlägen liegt.

Die Einordnung saisonaler Effekte gewinnt zudem an Bedeutung, wenn vergangene Jahre von außergewöhnlichen Einflüssen geprägt waren – etwa durch Lieferengpässe, Nachholeffekte oder pandemiebedingte Verschiebungen. In solchen Fällen ist es sinnvoll, nicht nur quantitative Werte zu zeigen, sondern auch deren Kontext sauber zu erläutern.

Welche Datenbasis Käufer erwarten

Ein weiterer entscheidender Faktor bei der Herleitung eines nachhaltigen Working-Capital-Niveaus (PEG) ist die zugrunde gelegte Datenbasis. Dabei reicht es nicht aus, lediglich Quartalswerte oder Jahresendstände vorzulegen. Gerade in operativ stark schwankenden oder saisonalen Geschäftsmodellen sind Monatswerte unerlässlich, um Auffälligkeiten und operative Muster zu erkennen. Käufer nutzen diese Informationen nicht nur zur Plausibilisierung des PEG-Werts, sondern auch zur Einschätzung des operativen Steuerungssystems und der Buchhaltungsqualität im Unternehmen.

Wesentlich ist außerdem, dass die Zusammensetzung bzw. Bilanzierung der relevanten Positionen – etwa Vorräte, kurzfristige Forderungen oder Verbindlichkeiten – über den gesamten Betrachtungszeitraum hinweg konsistent bleibt. Änderungen in der Bilanzierungslogik oder Umgliederungen zwischen Positionen sollten klar benannt und nachvollziehbar dokumentiert sein. Ansonsten entsteht der Eindruck, dass der PEG-Wert absichtlich beeinflusst wurde – was wiederum Zweifel an der Validität der gesamten Equity Bridge aufwirft.

Käufer prüfen bei der Analyse der Zahlen nicht nur den rechnerischen Durchschnitt, sondern hinterfragen insbesondere Ausreißer nach oben oder unten. Wenn diese sich nicht durch externe Ereignisse oder interne Sondereffekte erklären lassen, könnte der PEG konservativ nach unten angepasst werden. Verkäufer sind daher gut beraten, frühzeitig für Transparenz zu sorgen und bereits in der Vorbereitungsphase eine belastbare Working-Capital-Zeitreihe aufzubauen, die sowohl rechnerisch als auch inhaltlich trägt.

Equity Bridge und Working Capital gezielt steuern

Ein häufig unterschätzter Hebel zur Optimierung des Kaufpreises liegt in der frühzeitigen Steuerung der Barmittel, Finanzverbindlichkeiten und des Working Capitals. Zwar greifen zum Closing rein mechanische Berechnungen, doch die tatsächliche Höhe des Kaufpreises hängt beispielsweise davon ab, welches Working-Capital-Niveau zu diesem Zeitpunkt vorliegt – im Vergleich zum vereinbarten PEG. Wer bereits 12 bis 18 Monate vor dem geplanten Prozessbeginn beginnt, gezielt Einfluss auf diese Größen zu nehmen, kann finanzielle Vorteile realisieren.

Beim Working Capital geht es dabei um drei operative Stellschrauben: Forderungen, Verbindlichkeiten und Vorräte. Werden zum Beispiel Zahlungsziele für Kunden konsequent eingefordert sinkt der Forderungsbestand und die Cash-Realisierung erfolgt früher. Der frühere Liquiditätszufluss verbessert sowohl die Working-Capital-Position als auch den Kassenbestand zum Closing.

Wichtig ist, dass diese Maßnahmen nicht kurzfristig zum Jahres- oder Quartalsende umgesetzt werden, sondern in einem ausreichend langen Zeitraum mit stabiler Wirkung. Käufer durchschauen einmalige Eingriffe in den letzten Monaten vor dem Closing sehr schnell – und werden diese neutralisieren.

Fazit: Kaufpreis aktiv mitgestalten – durch Transparenz und Vorbereitung

Die Equity Bridge ist mehr als eine rechnerische Herleitung – sie ist das Herzstück der wirtschaftlichen Logik hinter dem Kaufpreis. Wer die zugrunde liegenden Mechanismen versteht und frühzeitig operativ auf Working Capital, Finanzverbindlichkeiten und Barmittel einwirkt, kann die eigene Position im Transaktionsprozess nachhaltig stärken.

Ein hoher Working-Capital-Wert bei Closing wirkt sich nur dann positiv auf den Kaufpreis aus, wenn er operativ begründet und historisch plausibel ist. Kurzfristige Sondereffekte oder taktische Eingriffe werden von Käufern schnell erkannt – und führen nicht selten zu konservativen Anpassungen.

Wer hingegen mit einer belastbaren Datenbasis, nachvollziehbaren Erläuterungen und realistischen Zielwerten in den Prozess startet, schafft Vertrauen – und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Kaufpreis das tatsächliche Potenzial des Unternehmens widerspiegelt.

Über Quantum Partners

Quantum Partners ist eine Corporate Finance und M&A-Beratung für die Bereiche Software & Business Services, Digital Media & Commerce, Industrial Technology sowie Cleantech & Sustainability. Aus seinem Büro in München betreut Quantum Partners Kunden weltweit sowohl beim Verkauf von Unternehmen, dem Zukauf und bei Finanzierungen.

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Dr. Andreas Brinkrolf
Geschäftsführer
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FAQ: Equity Bridge und Working Capital im M&A-Prozess

Was ist eine Equity Bridge bei einem Unternehmensverkauf?
Die Equity Bridge ist eine rechnerische Überleitung vom Enterprise Value (Unternehmenswert) zum Equity Value (Kaufpreis für die Gesellschafter). Sie berücksichtigt insbesondere Liquidität, Verschuldung sowie Abweichung zum vereinbarten Working Capital Zielwert (PEG).

Warum ist Working Capital so wichtig bei der Kaufpreisermittlung?
Ein zu hohes oder zu niedriges Working Capital am Stichtag kann den finalen Kaufpreis erheblich beeinflussen. Käufer erwarten ein „normales“ Niveau des Working Capital – Abweichungen davon führen zu Kaufpreis-Anpassungen.

Was versteht man unter dem PEG im M&A-Kontext?
Der PEG ist ein berechneter Durchschnittswert, der einem normalen oder nachhaltigen Nettoumlaufvermögen nahekommen soll. Er basiert auf historischen Monatswerten und dient als Referenz für spätere Anpassungen.

Wie kann ich mein Working Capital vor einem Unternehmensverkauf optimieren?
Optimierungspotenzial liegt in den Bereichen Forderungen, Verbindlichkeiten und Lagerbestände. Wichtig ist, frühzeitig (12–18 Monate vorher) mit der Umsetzung zu beginnen.

Was passiert, wenn das Working Capital beim Closing vom Zielwert abweicht?
Dann greift in der Regel ein Kaufpreis­anpassungsmechanismus. Ist das Working Capital niedriger als der PEG, wird der Kaufpreis entsprechend reduziert – und umgekehrt.